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#moneyfesta

all nomads are workers

“In meinem Land – wärt ihr schon längst an die Wand gestellt worden.

Eigentlich bin ich im Urlaub. Aber Urlaub ist dann auch der Ort für Reflexion. Die Moneyfesta macht gerade Pause, und ich mit ihr. In Griechenland. Irgendwo zwischen roter Corona Zone und einige Seemeilen von gefährlichen Brandherden entfernt. Eines der größten Probleme, ist eigentlich die Reflexion. Was tun, wir – was haben wir gemacht, und das kollektiv und individuell? Und klar, während ich die ganze Zeit diesen Text schreiben möchte, erreichen mich Mails mit sehr seltsamen Anfragen. Urlaub ist ein bischen wie Flucht. Seit Corona ist, war ich auch nicht mehr im Ausland. Das schmerzt.

open air cinema Aegina / Greece

Aber, Schmerz ist immer auch relativ. Wie ich einmal von meinen syrischen Kollegen gelernt habe gibt es bei ihnen Ibubrufen in der praktischen 1900mg Ausgabe. Ihr Schmerz ist größer. Groß war auch die Freude auf meiner griechischen Urlaubsinsel ein schönes Kino zu entdecken. Unter freiem Himmel, mit phantasischen Popcorn und zwischen den Stühlen, Tische mit dem hier obligatorischen Basilikumstrauch und einem Aschenbecher.

Jeder der mich kennt, weiss, dass mir jetzt die Freudentränen über die Wangen kullern – wegen diesem heiligen Artefakt jedes Gasthausnostalgikers. Es gab eine sehr interessante Vorschau eines griechischen Filmes, der offenbar in einer Tagbaumine spielte, aber ich verstand kein griechisch und versuchte herauszufinden, wer von den anderen Kinobesucherinnen, Marihuana oder Gras eingesteckt hatte.

Nicht das ich kiffen wollte, aber in meiner Phantasie, war es der perfekte Ort. Ich freute mich auch auf den bevorstehenden Film.

NOMADSLAND

Auch ohne in einem induzierten Rausch zu sein – ergriff mich dieser Film – wie Josef Fritzl seine Kinder. Die Fargozitate ließen mich bei 34 Grad in der Nacht frösteln. Ich sah zum Popcornverkäufer und wir hatten beide Tränen in den Augen – von dieser Liebeserklärung an das Lumpenproletariat, oder eher bis auf wenige Ausnahmen – den White Trash. Sofort dachte ich auch, unglaublich – ein Film – welcher so schön, und auch so mitfühlend allgegenwärtige Szenen einer gesellschaftlichen Situation zeigt, an welcher wir uns auch seit Jahren abarbeiten, und wo es uns so schwer fällt in Österreich damit zu reussieren. Es befällt einen fast das Gefühl, in Österreich wäre es verboten, Verlierer und Ausgeschlossene als soziale Wesen zu zeigen, die zur Politik oder Kultur fähig wären. Ich glaube, Primo Levi hat den Holocaust als das Ende oder den Tod der Kultur bezeichnet und irgendwie ist Österreich, ja noch tot. Bestenfalls ein Zombie und für die Aufarbeitung und Auferstehung, da heißt es, bitte warten. Europäische Integration und neue Medien, die irgendwie wie eine zweite Kassa in den letzten zwanzig Jahren gewirkt haben, und das Tempo erhöht haben, sind jetzt wieder gewaltig ins Stocken gekommen.

Der österreichische Film dagegen, ich sage aber auch gleich, ich bin mit ihm nicht sehr vertraut, portraitiert auch sehr oft, den hier hasserfüllt Pöbel genannten White Trash. Es scheint so, als gäbe es nur Hundstage für den lokalen Film, und als würde alles sehenswerte in Kaisermühlen, oder nördlich davon spielen. Zumindest, nach Müller’s Büro, Indien und abgesehen von Nordrand. Beim österreichischen Film, frage ich mich immer, an wessen Leid soll ich mich erfreuen, und selbst wenn er schwierige Themen angreift, schwurbelt er herum wie Nina Pröll zu #metoo. Leute seht euch NOMADSLAND an und verzeiht mir diesen subjektiven und ungerechten Exkurs. Es ist auch deshalb geschrieben, weil ich angefressen bin, das nach Nordrand meines Wissens nach, nichts nachkam, und weil Edita M. als Schauspielerin zumindest in Österreich von der Bildfläche verschwunden ist. Eine EX-Jugoslawische Schönheit, die auch richtig Deutsch sprechen durfte in einer österreichischen Produktion. Ich schreibe das auch, weil ich wütend wurde, das ein Kollege von mir, ein sehr talentierter Schauspieler, lieber im richtigen Leben Taxi fährt, als den anatolischen Taxler bei Ösi-Krimi Produktionen zu spielen. Obwohl, er spricht zu gut deutsch. Ich weiss, das er bei Castings immer nachfragt, warum er mit Akzent reden soll – aber noch nie eine Antwort bekommen hat.

Zusammengefasst: Wir haben eine andere Kunst- und Kulturpraxis bitter nötig. Und Kunst ist vor allem auch eine Kunst des Miteinanders. Einer Praxis, die Fehler und Widerspruch aushalten muss und zu allen “Anderen” eine solidarische Praxis aufbauen, statt dem weitverbreiteten mitleidigen oder bevormundenden Blick von oben.

Eigentlich wollte ich nicht erklären, warum Josef F. teil der Gleichung ist. Aber, wie schon die Psychoanalyse sagt, es gibt nur perfekte Verbrechen, und seine Untat, ist eigentlich eine – welche auch das fehlen einer partizipativen, aufmerksamen Gesellschaft brutal herzeigt und preissgibt. In einer kleinen Ortschaft, geht Josef F. einkaufen, und kauft Unmengen an Lebensmitteln, und keiner merkt etwas. Freud würde sagen, das Unbewußte weiss es, wußte es.

Bei einer der ersten Moneyfesta Veranstaltung, einem phantastischen queeren Museal Drag durch Margareten, war der erste Kommentar eines Passanten: ” In meinem Land wärt ihr schon längst an die Wand gestellt worden”. An dieser Wand stehen wir alle mit dem Rücken zu ihr. Der verwirrte Passant, weiss nur nicht, das er genau so mit uns an dieser Wand steht. Nationale Solidarität kann es in keinem System geben. Pöbel muss es immer geben und Menschen die gegeneinander ausgespielt werden können. Deshalb sollten wir Zusammenhänge schaffen, wo wir gemeinsam in Interaktion treten können. Die Moneyfesta ist ein weiterer Anfang und eine Einladung an alle die bereit sind über eine bessere Zukunft für alle zu reden.

Das Programm findet ihr im Link:

Moneyfesta – all nomads are workers

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