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Solidarität und alte, weiße Männer mit Oberlippenbart?

Morgen ist es so weit. Ich rede mit einem der bekanntesten Wissenschaftern zu Fragen des Sozialstaates und Solidarität in Österreich. Gerade wollte ich mich vorbereiten und habe in ein soeben erschienenes Buch reingelesen, wo einem die Autoren bitten, das Buch nicht gleich wieder wegzulegen. Mir war aber danach das Buch wegzulegen, auch weil dort die Einsicht verbreitet wird, das vor 2008 – Lehmanbrüder – und dem Finanzcrash, erst ein Rassismus in diesem Land eingesetzt hat. Und das von 2008 – 2015 – es keinen nennenswerten Rassismus in den Medien dieses Landes gegeben hat, sondern das sich die Situation erst ab den Terroranschlägen in Paris, Je suis Charlie – und durch das Antanzen in der Silvesternacht in Köln geändert hatte.

Aber, wenn Ihr wisst von welchem Buch ich spreche, dann legt es nicht gleich zur Seite. Denn es verspricht, aufzuklären, wie die WählerInnen rechter Parteien, mit solidarischen linken Programmen, Parolen, Ansätzen erreicht werden können, und zu mobilisieren wären. Eine Einsicht die für jeden aktivistischen Menschen, ja irgendwie auf der Hand liegt. Mein Problem ist, das mir eine Analyse, die erst mit 2008 beginnt, wenig Vertrauen einflößt, bzw. auf wenig Interesse trifft. Interesse ist schon da, aber keine Zeit es zu lesen, und wenn es dann noch dazu mit 2008 anfängt, ich meine – falls jemand von Euch das Buch ließt, klärt mich bitte auf. Ich kann Euch auch das Buch borgen, weil ich es mir trotz einer problematischen Präsentation gekauft habe. Solidariät wurde von den Autoren in sieben Nuancen artikuliert, wobei leider nicht aufgeklärt wurde, welche Abstufungen der Solidarität vorgenommen wurden. Mein Verdacht, war das selbst Rassismus als Solidarität gelabelt wird und dadurch nicht über Rassismus als solches gesprochen werden kann – ist wahrscheinlich nicht ganz unbegründet aber auch nicht ganz dramatisch.

Solidarität innerhalb der eigenen ethnisch homogenen Gruppe – ist ja wohl klar was das Bedeutet – und wenn es hilft – den “Linken” zu erkennen, wie sie zu kommunizieren haben, wird es schon seinen Zweck erfüllen. Jedenfalls, mich hat es so geärgert, das ich es wieder weggelegt habe – und bin gespannt auf morgen, wenn ich die Koryphäe der österreichischen Sozialpolitik treffe.

Solidarität war ja die Waffe der schnauzbärtigen Männer aus Danzing. Zumindest in meiner Jugend. Solche Männer gab es im Westen nicht. Wenige. Entweder sie haben Fußball gespielt, oder sie waren Tschuschen. Manchmal auch beides in einer Person. Mit dem Fall der Mauer, sind auch die Dissidenten gefallen. Heute haben sie Zöpfe. Mein Vater hatte auch den Pornobalken des Proletariats. Fünfzig Jahre Oberlippenbart, fünfundreißig Jahre Gewerkschaftsmitglied, und drei Wochen SPÖ. Damals war die SPÖ noch die Sozialistische Partei Österreichs. Die Kollegen haben ihn mitgenommen. Bei der Weihnachtsfeier, war er der einzige der kein Geschenk für sein Kind bekam. Der Oberfunktionär hat für alle Genossen ein Geschenk für die Kinder mitgehabt. Papa ging mit leeren Händen nach hause. Damals war er nicht wahlberechtigt. Die Genossen die ihn mitgenommen haben und zur Partei gebracht haben, denen war das unangenehm. Sie haben sich geniert.

Sie haben sich geniert und zugesehen, wie ihre Partei zu allen Gastarbeitern ein großes, stilles, vorweihnachtliches Fuck YU inszeniert hat. Insgeheim haben die österreichischen ArbeiterInnen erkannt, das die SPÖ wählerisch ist. Das sie bestimmt, wer ihre ArbeiterInnen sind, und wer nicht.

Morgen werde ich den Spezialisten treffen, und er wird mich beim Haustor abholen. Vielleicht wird er mir die Augen öffnen, um zu verstehen, was es so auf sich hat, mit der Solidarität in Österreich.

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